Folgen des Staudammes

Die Argumente für und gegen den Staudamm sind sehr zahlreich und komplex, daher erkläre ich an dieser Stelle nur ein paar wichtige.


Pro-Argumente

  • Arbeitsplätze während der Bauphase (ca. 5 Jahre) 

Dies ist wohl das beliebteste Argument der Menschen in der Region und auch des ICE: PH Diquis wird Arbeit und Wohlstand in die Region bringen. Es werden nach Angaben des ICE 3500 Arbeiter während der Bauphase eingestellt werden und so hoffen die Menschen dieser armen Region natürlich auf einen Arbeitsplatz. Leider hat aber kaum jemand Erfahrungen im Bauen eines Staudammes oder Ähnlichem. Daher werden die meisten Leute dieser Region auch keinen Arbeitsplatz bekommen und in dieser Hinsicht davon profitieren können - die Indigenen eh nicht. Zudem ist die Bauphase auch nur auf 5 Jahre angesetzt. Selbst wenn man einen Arbeitsplatz bekommen würde: Was macht man in der Zeit nachdem der Bau abgeschlossen ist? Dann steht man wieder vor demselben Problem: Arbeitslosigkeit.

Anzahl der beschäftigten Arbeiter im Zeitverlauf des Bauphase
Anzahl der beschäftigten Arbeiter im Zeitverlauf des Bauphase
  • Tourismus aufgrund des Stausees

Für die Zeit nach der Bauphase stellen sich viele Menschen vor, dass der dann entstandene Stausee viele Touristen anlocken würde. So könnten die Menschen wirtschaftlich vom Tourismus profitieren, da dieser ganz sicher Arbeit für die Menschen schaffen würde. Aber was für eine Arbeit würde geschaffen werden? Es wird wahrscheinlich so ablaufen: Investoren kaufen das gesamte Land hier auf und erbauen Hotels und Ähnliches. Die Investoren lassen die Einheimischen dann zu extrem niedrigen Löhnen für sich arbeiten. Das Aufkaufen der Landflächen ist übrigens bereits in der Vorbereitungsphase, es wird lediglich abgewartet, dass es zu einer sicheren Entscheidung kommt, ob der Staudamm gebaut wird oder nicht. 

 

Der dann aufkommende Tourismus würde zwar für die meist armen Menschen in Térraba viele Möglichkeiten bringen Einkommen zu generieren (Öko- oder Kulturtourismus), langfristig sollte man jedoch davon ausgehen, dass dieser die Kultur und Identität der Teribe aushöhlen wird und es zu einer ökonomischen Abhängigkeit der Teribe vom Tourismus kommen wird.

(Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung)

 

  • Energieproduktion

Was für die Regierung ausschlaggebend ist, ist natürlich die resultierende gigantische Energieproduktion dieses Projektes, welche auch noch komplett erneuerbar wäre. Mit seinen 650 Megawatt ist das PH Diquis das größte Wasserkraftprojekt seiner Art in ganz Mittelamerika. Der Strom, der vom PH Diquis produziert werden würde, würde aber zu ca. 80% ins Ausland exportiert werden, denn Costa Rica produziert bereits mehr als ausreichend Strom - zu über 90% aus regenerativen Energiequellen - und dies wird sich in naher Zukunft auch nicht ändern, ganz im Gegenteil: Der Trend geht dahin, dass Costa Rica immer mehr Überschuss an Strom erzeugen wird, wobei der Eigenbedarf bis 2011 nur ca. 55% betragen soll mit abnehmender Tendenz (Angaben des ICE). Das einzige was dieses Projekt also brächte, wäre Geld für die Kassen des Staates, der Politiker und der am Bau beteiligten transnationalen Unternehmen.

Daten entnommen aus dem Expansionsplan der Energieversorgung des ICE von 2009
Daten entnommen aus dem Expansionsplan der Energieversorgung des ICE von 2009

Natürlich ist das PH Diquis als Teil einer ganzheitlichen Strategie zur Entwicklung des Südens Costa Ricas zu sehen und als dieses auch als Teil einer internationalen Strategie zur Entwicklung aller mittel-amerikanischen Länder. Von der Regierung wird eine wirtschaftliche Entwicklung der südlichen Region Costa Ricas angepriesen, wozu genau dieses Staudammprojekt unabdingbar sei. Das PH Diquis wurde sogar offiziell zu „nationalem Interesse“ erklärt. Doch fehlen für eine wirkliche Entwicklung des Südens, unter welcher von der Regierung die Ansiedlung von Industrie verstanden wird, noch viele weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur abgesehen von der ausreichenden - in diesem Falle übermäßigen - Energieversorgung, wie z.B. Schiffshäfen, Flughäfen, vernünftige Straßen, Wohnungen, ausreichendes Bildungsangebot, ausreichende medizinische Versorgung, usw.

  • Verbesserungen an der Infrastruktur

Eben diese Verbesserungen der Infrastruktur werden dementsprechend auch von der Regierung versprochen und teilweise bereits umgesetzt, wobei viel Kritik laut wird, denn auch hier wird keine Rücksicht auf die wirklichen Interessen der Bevölkerung gelegt, sondern viel mehr auf Großprojekte, die die schnellstmögliche Verbesserungen der Bedingungen für die Ansiedlung von Industrie bringen.

 

Auch werden derzeit alle Infrastrukturmaßnahmen, die der Staat Costa Rica seinen Bürgern der südlichen Region seit Jahren schuldig ist, auf das Diquis-Projekt verlagert. So entstehen in der ganzen Region um den Stausee plötzlich viele neue, lang ersehnte, Straßen, Brücken, Gemeindegebäude usw. im Namen des Proyecto Hidroeléctrico Diquis. Dies verschafft dem Projekt natürlich die Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft. Ich sehe diese Maßnahmen jedoch lediglich als ein Schmerzensgeld, das den Leuten im Voraus bezahlt wird.


Contra-Argumente

  • das Ganze ist bisher illegal!

Da Costa Rica 1977 selbst ein nationales Gesetz zur Rechtslage der indigenen Territorien verabschiedet hat und 1993 die Konvention 169 der International Labour Organization (ILO) unterzeichnet hat, ist die Gesetzeslage zur Durchführbarkeit des PH Diquis rechtlich eigentlich eindeutig, sowohl national, als auch international. Dennoch verstößt der Staat in dieser Angelegenheit gegen die eigenen Gesetze, denn laut diesen haben die Indigenen Gruppen ein Recht auf Selbstbestimmung über die Nutzung ihrer Territorien. Dementsprechend müsste die Regierung bzw. das ICE zuvor eine Befragung der Indigenen vornehmen, bevor das ICE Diquis das Territorium überhaupt betreten darf.

 

  • unwiederbringbarer Verlust von Land (ca. 10% des Territoriums)

Der entstehende Stausee würde ca. 10% des Territoriums überfluten bzw. nicht mehr nutzbar machen. Dies ist sehr Besorgnis erregend, denn die indigenen Gemeinschaft hat bereits den Großteil ihres Landes an Nicht-Indigene verloren und gerade der Landverlust ist in dieser Gemeinde das entscheidende Problem! Ein weiterer Verlust an Gebiet würde der Überlebensfähigkeit der Kultur der Teribe stark verschlechtern.

  • Aufstauen / Zerstören des Río Grande Térraba

Um eine sinnvolle Auslastung der Kraftwerksturbinen zu erreichen, würden nach Angaben des ICE ca. 50% des Río Grande de Térraba über die 12 km langen Tunnel zum Kraftwerk umgeleitet werden. Das restliche Wasser würde dem Fluss wieder zugeführt werden. Da es im Sommer jedoch zu einer massiven Trockenheit kommt und der Fluss in dieser Zeit nur noch die Hälfte des Wassers führt, wäre ein fast komplettes Austrocknen des Flusslaufes über ca. 30-40 km und das Absterben der empfindlichen Ökosysteme, welches den Fluss umgeben, die Folge. Besonders die riesigen Mangrovenwälder von Sierpe wären von einem massiven Austrocknung betroffen. Weitere unvorhersehbare ökologische Schäden würden folgen. Am Ende wird dieser Umgang mit der Natur auf die unschuldigen Menschen, die in der Region des Flusses leben, zurückfallen.

Auch aus religiöser Sicht ist ein Aufstauen des Flusses (Río Grande de Térraba) eine Zumutung, denn dieser ist eines der spirituellen Zentren des Glaubens der Teribe. Das Aufstauen dieses Flusses wäre eine massive Beleidigung an ihren Gott Sbö.

 

  • Größe des Projektes im Verhältnis zum Dorf Térraba

Schaut man sich die Verhältnisse der Menschenmengen an, so wird schnell klar, dass Térraba diesem Megaprojekt in keiner Weise gewachsen sein kann! Laut Angaben des ICE werden zu Spitzenzeiten ca. 3500 Arbeiter am Bau des Staudammes arbeiten, das Territorium Térraba hat jedoch nur 1600 Einwohner, von denen nur 600 Personen Teribe sind. D.h. die Zahl der Nicht-Indigenen, die sich im Territorium aufhalten, wird sich mehr als verdreifachen. Das Verhältnis von Indigenen zu Nicht-Indigenen würde 600 : 5100 betragen, was wiederum 1 : 8,5 entspräche (vorher 1 : 2,5). Damit würde der Minderheitsstatus der Indigenen im eigenen Territorium noch dramatisch verstärkt werden.

 

Da die Straße zum Gelände nur ein paar 100 Meter vom Ortszentrum Térraba entfernt liegt, werden sich auch hier viele Geschäfte niederlassen um die Bauarbeiter zu versorgen. Viele Leute gehen davon aus, dass zusätzlich Kriminalität und Prostitution die Ruhe des Dorfes stören werden. Auf jeden Fall wird sich das Erscheinungsbild des Dorfes und auch was dahinter steckt rigoros ändern, es wird sich an die große Arbeitermenge und die entsprechenden Verdienstmöglichkeiten anpassen. Dies wäre der Verlust des Dorfes „Térraba“, der Kultur und damit der eigenen Identität der Teribe.

Karte Térraba
Karte Térraba

 

Weitere Folgen:

  • Zerstörung der Natur
  • Überflutung vieler archäologischer Stätten
  • Gefahr eines Erdbebens --> Dammbruch